Gesundheitswelt der AOK Sachsen-Anhalt

Gicht

Ein Senior hat aufgrund von Gicht schmerzende Handgelenke

Wenn Harnsäure die Gelenke angreift

Gicht ist eine weit verbreitete Stoffwechselstörung und gehört zu den häufigsten entzündlichen Gelenkerkrankungen (Arthritis) in den Industrieländern. Aufgrund ihres Zusammenhangs mit Ernährung und Lebensstil wird sie auch oft als "Wohlstandskrankheit" bezeichnet. Weltweit sind etwa ein bis zwei Prozent der Bevölkerung betroffen, wobei die Erkrankung meist zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr auftritt. Männer haben ein deutlich höheres Risiko, an Gicht zu erkranken – sie sind zehn- bis zwanzigmal häufiger betroffen als Frauen und entwickeln die Krankheit oft früher. Frauen hingegen erkranken in der Regel erst nach den Wechseljahren, da hormonelle Einflüsse auf die Nieren eine schützende Rolle spielen.

In diesem Beitrag beleuchten wir, was Gicht eigentlich ist, welche Ursachen und Symptome die Krankheit hat, wie sie diagnostiziert und behandelt wird und welchen Einfluss die Ernährung auf den Krankheitsverlauf hat.

Wussten Sie schon, dass…

  • circa 950.000 Menschen in Deutschland an Gicht leiden?
  • die AOK Sachsen-Anhalt jährlich die individuelle Ernährungsberatung bezuschusst?
  • Gicht früher als „Königskrankheit“ bezeichnet wurde?

Gicht erkennen: Typische Symptome und Warnzeichen 

Eine Frau leidet unter Gicht

Ein Gichtanfall kündigt sich häufig durch eine plötzliche, sehr schmerzhafte Gelenkschwellung an, meist am großen Zeh, auch Podagra genannt. Die Schmerzen treten oft nachts oder in den frühen Morgenstunden auf. Das entzündete Gelenk ist druck- und berührungsempfindlich, überwärmt und gerötet. Die Schwellung erreicht meist nach sechs bis zwölf Stunden meist ihren Höhepunkt und kann bis zu zwei Wochen anhalten, bevor sie abklingt. Während des ersten Gichtanfalls ist oft nur ein Gelenk betroffen, in der Regel das Grundgelenk des großen Zehs. Andere mögliche betroffene Gelenke sind die Mittelfuß- und Sprunggelenke, Knie, Ellbogen sowie Hand- und Fingergelenke. In seltenen Fällen können auch die Schultern oder die Hüfte betroffen sein. Besteht die Gicht bereits länger, können sich sogenannte Gichtknoten bilden, die typischerweise an der Ohrmuschel, der Achillessehne oder in der Unterhaut an Händen und Ellenbogen auftreten.

Gicht-Alarm: Was steckt hinter der Erkrankung?

Gicht ist eine Erkrankung, bei der sich winzige, nadelförmige Kristalle aus Harnsäure, sogenannte Uratkristalle, in den Gelenken ablagern und dort Entzündungen verursachen. Harnsäure ist ein Abbauprodukt der Purine, welche Bestandteile der Erbsubstanz (DNA und RNA) sind. Diese Purine entstehen, wenn der Körper Zellen abbaut. Normalerweise scheidet der Körper einen Teil der Harnsäure über die Nieren aus. Bei Menschen mit Gicht funktioniert dieser Mechanismus jedoch nicht richtig, sodass die Harnsäurekonzentration im Blut ansteigt. Dies führt zur Bildung von Kristallen, die sich im Körpergewebe ablagern und die typischen Entzündungen und Schmerzen eines Gichtanfalls auslösen. Die Gelenke schwellen innerhalb von wenigen Stunden an und sind sehr schmerzempfindlich. In der Regel klingt die Entzündung jedoch innerhalb von ein bis zwei Wochen wieder ab.

  • Primäre Gicht

    Die primäre Gicht ist die häufigste Form und beruht auf einer angeborenen Stoffwechselstörung, bei der die Nieren Harnsäure nicht ausreichend ausscheiden können. Etwa 90 Prozent der Gichtpatienten sind von dieser Form betroffen. Zusätzliche Risikofaktoren sind eine kalziumarme und purinreiche Ernährung, der Konsum von fruktosehaltigen Getränken und ein hoher Alkoholkonsum.

  • Sekundäre Gicht

    Bei der sekundären Gicht, die bei etwa 10 Prozent der Betroffenen auftritt, führen andere Krankheiten oder Medikamente zu einem Harnsäureüberschuss oder einer verminderten Harnsäureausscheidung. Dazu gehören Nierenerkrankungen, entgleister Diabetes mellitus sowie Tumorerkrankungen wie Leukämie oder bestimmte Formen der hämolytischen Anämie, bei der die roten Blutkörperchen schneller abgebaut werden, als sie nachgebildet werden können.

  • Chronische Gicht

    Die chronische Gicht ist heute dank besserer Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten selten. Sie entsteht, wenn die Krankheit lange Zeit unbehandelt bleibt. In diesem Stadium sind die Gelenke dauerhaft leicht entzündet und können sich mit der Zeit verformen, was zu Einschränkungen in der Beweglichkeit führt.

Eine Frau bemerkt eine Schwellung ihres Zehs

Was löst einen Gichtanfall aus? 

Ein Gichtanfall wird durch die Ablagerung winziger Harnsäurekristalle in den Gelenken ausgelöst. Diese Kristalle entstehen, wenn der Harnsäurespiegel im Blut zu hoch ist. Die erhöhte Konzentration kann durch eine Überproduktion von Harnsäure oder durch eine unzureichende Ausscheidung über die Nieren hervorgerufen werden. In der Folge verursachen die sogenannten Uratkristalle Entzündungen, die die typischen Schmerzen eines Gichtanfalls auslösen.

Weitere mögliche Auslöser

Weitere Auslöser eines Gichtanfalls können eine eingeschränkte Nierenfunktion, bestimmte Erkrankungen wie Blutbildungsstörungen oder Krebserkrankungen (z.B. Leukämie), eine gestörte Enzymfunktion (z.B. beim Lesch-Nyhan-Syndrom), ein schlechter Flüssigkeitshaushalt oder ein niedriger Säuregrad (pH-Wert) in den Gelenken sein. Auch Stress, Infekte und andere Stoffwechselstörungen können einen Gichtanfall begünstigen.

Diagnose 

Ein akuter Gichtanfall ist in der Regel an den typischen Symptomen erkennbar, insbesondere an der schmerzhaften, geröteten Schwellung am Grund- oder Endgelenk des großen Zehs. Zur Diagnosestellung gehört neben der Anamnese und körperlichen Untersuchung auch die Bestimmung des Harnsäurespiegels im Blut. Ein Urintest kann zudem Aufschluss über die Ausscheidung von Harnsäure geben.

Bei Verdacht auf eine Infektion kann in seltenen Fällen eine Gelenkpunktion notwendig sein, bei der mithilfe einer feinen Hohlnadel Flüssigkeit aus dem betroffenen Gelenk entnommen und im Labor untersucht wird. Der Nachweis von Harnsäurekristallen in der Gelenkflüssigkeit bestätigt die Diagnose Gicht. In chronischen Fällen können bildgebende Verfahren wie Röntgen oder MRT eingesetzt werden.

Ein Arzt berät Patienten, der einen Gichtanfall erlitten hat

Wie wird ein Gichtanfall behandelt?

Ein Gichtanfall sollte immer ärztlich behandelt werden, da ein dauerhaft erhöhter Harnsäurespiegel zu bleibenden Schäden an Knochen und Gelenken sowie dauerhaften Schwellungen und Bewegungseinschränkungen führen kann. Nicht jeder Betroffene benötigt nach einem Gichtanfall eine medikamentöse Behandlung. Jedoch sollten Sie alle Behandlungsschritte mit Ihrem behandelnden Arzt absprechen und keine Eigenbehandlung vornehmen. 

Kurzfristiges Ziel: Schmerzlinderung

Bei einem akuten Gichtanfall ist schnelle und effektive Schmerzlinderung entscheidend. Verschiedene Medikamente sowie zusätzliche Therapiemaßnahmen und Hausmittel können zur Schmerzlinderung und Entzündungshemmung beitragen. Im Folgenden klären wir über die häufigsten Behandlungsmethoden auf.

Einsatz von Medikamenten 

In der akuten Phase eines Gichtanfalls steht die Linderung der Schmerzen und eine Bekämpfung der Entzündung im Vordergrund. Häufig werden entzündungshemmende Schmerzmittel wie Ibuprofen, Naproxen oder Diclofenac eingesetzt, die zu den nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) gehören. Bei schwereren Fällen können auch Kortisonpräparate zum Einsatz kommen, die entweder als Tablette eingenommen oder direkt in das betroffene Gelenk injiziert werden. Der Einsatz von Kortison ist jedoch meist auf kurze Zeit beschränkt, da es bei längerfristiger Anwendung zu Nebenwirkungen wie Bluthochdruck oder einem Anstieg des Blutzuckerspiegels kommen kann. In seltenen Fällen kommt auch das aus der Pflanze der Herbstzeitlose hergestellte Gichtmedikament Colchicin zum Einsatz.

Hinweis: Wir übernehmen die Kosten für die von Ihrem Arzt verordneten Medikamente.

 

Weitere Therapiemaßnahmen

Neben der medikamentösen Behandlung können auch physikalische Therapiemaßnahmen wie Wärme- oder Kälteanwendungen, Elektro- oder Ultraschalltherapie sowie Ergotherapie oder Krankengymnastik zur Kräftigung der Muskulatur und zur Vorbeugung von Bewegungseinschränkungen und Fehlstellungen der Gelenke sinnvoll sein.

Hinweis: Bei medizinischer Notwendigkeit übernehmen wir die Kosten für diese Therapiemaßnahmen.

Hausmittel

Ergänzend zur medikamentösen Therapie können entzündungshemmende Hausmittel wie Ingwer, Kurkuma oder Teufelskralle eingesetzt werden. Tees aus Brennnessel oder Kamille unterstützen die Ausscheidung von Harnsäure, während Quarkwickel oder Kühlpads bei akuten Schmerzen Linderung verschaffen können.

Gicht und Purine: Was Sie vermeiden sollten

Eine purinreiche Ernährung und ein ungesunder Lebensstil sind wesentliche Faktoren, die Gichtanfälle auslösen können. Weitere Risikofaktoren sind beispielsweise:

  • Medikamente 

    Bestimmte Medikamente, wie Acetylsalicylsäure (ASS), entwässernde Mittel oder bestimmte Parkinson- und Krebsmedikamente, können den Harnsäurespiegel ebenfalls erhöhen. Harntreibende Mittel verdicken das Blut zusätzlich und lassen die Harnsäurekonzentration steigen.

  • Purinreiche Lebensmittel

    Lebensmittel mit einem Purin-Gehalt von mehr als 150 Milligramm pro 100 Gramm sollten, gemieden werden. Dazu gehören Fisch wie Hering, Fleisch wie Leber oder Niere, Meeresfrüchte und Hülsenfrüchte. Wenn diese Lebensmittel in größeren Mengen verzehrt werden, erhöhen sie das Risiko für einen Gichtanfall maßgeblich. Ideal ist dagegen eine Ernährung mit viel Gemüse, Ei- und Milchprodukten. Vermeiden Sie fettreiche Lebensmittel wie fettige Wurst, Schmalz oder Mayonnaise.

  • Alkohol

    Alkohol fördert die Bildung von Harnsäure und hemmt gleichzeitig deren Abbau. Die Folge: unsere Nieren scheiden weniger Harnsäure aus. Viele Studien belegen, dass gerade Bier und hochprozentiger Alkohol Gicht begünstigen.

  • Zuckerhaltige Getränke 

    Getränke mit viel (Frucht)zucker, vor allem gezuckerte Getränke wie Cola, Fruchtsäfte oder süßstoffhaltige Limonaden verstärken die Purinbildung und hemmen zeitgleich die Ausscheidung von Harnsäure über die Nieren. Obst enthält zwar weniger Purin, hat jedoch beim Abbau der Fruktose eine ähnliche Wirkung.

  • Ungesunder Lebensstil 

    Ein ungesunder Lebensstil erhöht das Risiko für die Entwicklung von Gicht maßgeblich. Folgende Maßnahmen reduzieren das Risiko für einen Gichtanfall:

    • Übergewicht reduzieren
    • strenge Diäten vermeiden
    • Fasten vermeiden 
    • Bewegungsmangel vorbeugen 
    • körperliche Überanstrengung vermeiden 
    • auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr achten

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