Gesundheitswelt der AOK Sachsen-Anhalt

Muskuläre Dysbalance

Ein Mann leidet unter muskulärer Dysbalance

Wenn Muskeln aus dem Gleichgewicht geraten

Viele Beschwerden des Bewegungsapparats lassen sich nicht auf akute Verletzungen zurückführen, sondern entstehen schleichend durch ein Ungleichgewicht in der Muskulatur. Die sogenannte muskuläre Dysbalance ist eine häufige, oft übersehene Ursache für Schmerzen und Fehlhaltungen. Sie entsteht, wenn bestimmte Muskeln dauerhaft stärker beansprucht werden als ihre Gegenspieler. Das Resultat sind Haltungsprobleme, Fehlbelastungen und im schlimmsten Fall chronische Beschwerden.

In diesem Beitrag beleuchten wir die häufigsten Ursachen sowie typische Symptome und zeigen auf, welche Folgen eine unbehandelte Dysbalance nach sich ziehen kann. Zudem werfen wir einen Blick darauf, welche Muskeln besonders gefährdet sind und welche Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Abschließend geben wir praxisnahe Tipps, wie Sie muskulären Dysbalancen durch gezielte Maßnahmen effektiv vorbeugen können.

Wussten Sie schon, dass…

  • eine muskuläre Dysbalance oft Ursache chronischer Schmerzen ist?
  • die AOK Sachsen-Anhalt Sie mit bis 240 Euro für osteopathische Behandlungen unterstützt
  • der menschliche Körper zu 40 Prozent aus Muskeln besteht?
Eine Frau ertastet ihre muskuläre Dysbalance am Hals

Verspannungen durch muskuläre Dysbalance

Eine muskuläre Dysbalance beschreibt ein Ungleichgewicht zwischen zwei Muskeln oder Muskelgruppen, die normalerweise im Gleichgewicht miteinander arbeiten. Dieses Zusammenspiel erfolgt in der Regel zwischen einem sogenannten Spieler (Agonist) und seinem Gegenspieler (Antagonist). Beide sind aufeinander angewiesen – ähnlich wie Beuger und Strecker, die gemeinsam eine Bewegung ermöglichen. Daneben gibt es auch Muskelgruppen wie die Bauch- und Rückenmuskulatur, die als sogenannte Synergisten zusammenarbeiten.

Tonische versus phasische Muskeln

Eine wichtige Unterscheidung bei muskulären Dysbalancen betrifft tonische und phasische Muskeln:

Tonische Muskeln übernehmen vorwiegend Haltefunktionen. Bei mangelnder Bewegung oder Überlastung neigen sie dazu, sich zu verkürzen – was häufig zu schmerzhaften Verspannungen führt.

Phasische Muskeln hingegen sind für dynamische Bewegungsabläufe zuständig. Sie reagieren auf Bewegungsmangel oder Fehlbelastung mit einer Abschwächung ihrer Kraft.

Werden diese Muskelgruppen ungleichmäßig oder falsch beansprucht – etwa durch einseitige Belastungen oder langes Sitzen –, gerät das fein abgestimmte System aus dem Gleichgewicht. Während tonische Muskeln verspannen, verlieren phasische Muskeln an Kraft. Dieses Ungleichgewicht zeigt sich häufig durch typische Symptome wie Muskelverkürzungen, Verspannungen, Muskelschwäche und Bewegungseinschränkungen. Auch die Körperhaltung kann erste Hinweise auf eine bestehende muskuläre Dysbalance geben.

Wie muskuläre Dysbalance die Körperhaltung beeinflusst

Muskuläre Dysbalancen wirken sich direkt auf die Körperhaltung aus. Sie zählen zu den häufigsten Ursachen für Fehlhaltungen und chronische Beschwerden.

  • Ursachen

    Muskuläre Dysbalancen können vielfältige Ursachen haben. Häufig entstehen sie durch eine falsche oder übermäßige Beanspruchung der Muskulatur. Ein klassisches Beispiel ist das übermäßige Hohlkreuz: Durch die ständige Verkürzung der Hüftbeugemuskulatur kommt es zu einer Abschwächung der Gesäßmuskulatur und der tiefen Rückenmuskeln. Die Folge sind Verspannungen, eine eingeschränkte Durchblutung der betroffenen Muskulatur und Schmerzen.

    Auch einseitige Belastungen – beispielsweise durch falsches oder schlecht abgestimmtes Training im Sport – können zu muskulären Dysbalancen führen. Insbesondere muskuläre Überforderungen, etwa durch zu schnell gesteigertes Training oder ein dauerhaftes Ungleichgewicht aufgrund zu schwacher oder ungedehnter Muskeln, gelten als weitere Ursachen. Langes Sitzen im Arbeitsalltag, Bewegungsmangel oder Schonhaltungen nach Verletzungen tragen ebenfalls zur Entstehung bei. In einigen Fällen spielen auch angeborene Knochendeformitäten wie ein verkürztes Bein oder eine Skoliose eine Rolle.

  • Symptome

    Die Symptome einer muskulären Dysbalance sind oft unspezifisch. Häufig klagen Betroffene über Schmerzen im Bereich des Rückens, der Schultern oder des Nackens – doch auch Beschwerden in Knie oder Hüfte sind möglich.

  • Folgen

    Langfristig kann das muskuläre Ungleichgewicht ernsthafte Folgen haben: Gelenke werden falsch belastet, Sehnen und Muskeln überlastet oder verkürzt. Es kommt zu chronischen Muskelverspannungen, insbesondere im Nacken- und Rückenbereich, sowie zu Muskelverhärtungen. Typische Fehlhaltungen wie ein Hohlkreuz, Rundrücken, Beckenschiefstand oder Schulterasymmetrien sind häufige Begleiterscheinungen. Durch die eingeschränkte Beweglichkeit steigt zudem das Risiko für weitere Verletzungen erheblich.

Fehlbelastungen vermeiden, Körperhaltung optimieren

C-Content Muskuläre Dysbalance 3

Diagnose

Um muskuläre Dysbalancen frühzeitig zu erkennen und gezielt zu behandeln, ist eine gesicherte Diagnose unerlässlich. Der erste Schritt ist eine ausführliche Anamnese, bei der Beschwerden, Alltagssituationen und Bewegungsverhalten erfragt werden. Darauf folgen Muskelfunktionstests oder Krafttests, mit denen Haltung, Muskelkraft und Muskellänge beurteilt werden können. Zur genaueren Analyse der Körperhaltung, insbesondere im Sitzen, kommen häufig auch spezielle Druckmesskissen zum Einsatz. Ergänzend kann eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt werden, um die tieferliegenden Muskeln zu beurteilen.

Ziel

Das langfristige Ziel ist die gezielte Kräftigung bestimmter Muskelgruppen – insbesondere jener, die im Alltag oder beim Sport häufig vernachlässigt werden, wie zum Beispiel die Adduktoren, die hintere Oberschenkelmuskulatur, die Bauchmuskulatur sowie die obere Rückenmuskulatur. So lassen sich Fehlhaltungen, Fehlbelastungen und daraus resultierende Schmerzen effektiv verhindern.

Auch präventive Maßnahmen spielen eine entscheidende Rolle: Vor sportlicher Aktivität sollte stets ein gezieltes Warm-up erfolgen, um Sportverletzungen vorzubeugen. Ebenso wichtig ist es, den Muskeln ausreichend Zeit zur Regeneration zu geben.

Aktive Maßnahmen zur Stärkung und Stabilisierung der Muskulatur

Muskuläre Dysbalancen lassen sich durch gezieltes Training wirksam ausgleichen. Wichtig ist dabei eine Kombination aus Kraft, Ausdauer, Koordination und Beweglichkeit – angepasst an die individuellen Bedürfnisse und den Alltag.

C-Content Muskuläre Dysbalance 4

Kraft-/Ausdauertraining und Koordinationstraining

Ein ausgewogenes Kraft-, Ausdauer- und Koordinationstraining ist wichtig, um muskuläre Dysbalancen langfristig zu vermeiden oder auszugleichen.

Vor dem eigentlichen Sport sollte ein dynamisches Aufwärmen mit Mobilisationsübungen erfolgen. Dabei werden insbesondere stark beanspruchte Muskelgruppen wie die vordere Oberschenkelmuskulatur, die Hüftbeuger, die untere Rückenmuskulatur und die Brustmuskulatur gedehnt.

Besonders effektiv ist gezieltes Core-Training, das die Körpermitte stärkt – also die Muskulatur im Bauch, am Rücken, in der Hüfte, im Becken und im Oberkörper. Es verbessert nicht nur die Stabilität und Körperhaltung, sondern hilft auch, bestehende Verspannungen zu lösen.

Auch isometrisches Training, bei dem Muskeln angespannt werden, ohne dass eine Bewegung erfolgt, kann als gelenkschonendes Ganzkörpertraining bereits in kurzen Einheiten spürbare Erfolge bringen. Ergänzend bieten Methoden wie Pilates eine gute Möglichkeit zur Stabilisierung der Tiefen- und Rumpfmuskulatur.

Kombination aus Faszientraining und Dehnungsübungen

Faszientraining in Kombination mit Dehnübungen eignet sich ideal als abschließende Einheit nach dem Training. Es unterstützt die Regeneration des Bindegewebes, beugt Verspannungen vor und sorgt für mehr Elastizität. Auch Bewegungsformen wie Yoga oder Pilates verbinden Muskelkräftigung mit Dehnung und sind damit besonders wirksam.

Wir möchten Sie dazu motivieren, Yoga für sich zu entdecken. Aus diesem Grund bieten wir jede Woche eine kostenfreie Yogastunde für Sie[AS9] an.

Gezielte Entspannungstechniken

Meditation, Atemübungen und Yoga helfen, Stress abzubauen und Spannungszustände in der Muskulatur zu lösen. Wir bezuschussen die Teilnahme an zwei Gesundheitskursen im Jahr. Mehr zu Vorsorge, Kostenübernahme und anderen Leistungen finden Sie hier.

Aktive Bewegung im Alltag

Besonders bei sitzenden Tätigkeiten – wie im Büro oder Homeoffice – sind ein regelmäßiger Wechsel der Sitzposition und kurze Bewegungseinheiten entscheidend, um einseitige Belastungen zu vermeiden.

Male doctor explaining medical reports to his senior patient while having consultations at medical clinic.

Therapeutische Behandlung

Ärztlich verordnete Physiotherapie oder Krankengymnastik sowie gezielte Haltungsschulungen durch einen Sporttherapeuten helfen, individuelle Übungsprogramme zu erstellen – idealerweise mit täglicher Anwendung von mindestens 15 Minuten.

Auch Osteopathie zur Lösung von Blockaden oder die funktionelle Elektrostimulation zur Kräftigung und Aktivierung der Muskulatur sind bewährte Maßnahmen. In manchen Fällen ist eine ärztliche Einschätzung durch einen Facharzt für Orthopädie sinnvoll – insbesondere, wenn orthopädische Einlagen zur Korrektur von Fußfehlstellungen benötigt werden.

Effektive Übungen für zuhause

Regelmäßiges Training muss nicht zwingend im Fitnessstudio stattfinden. Viele effektive Übungen lassen sich ganz einfach zuhause durchführen.

Die folgenden Übungen zielen auf die Kräftigung der wichtigsten Muskelgruppen ab und helfen dabei, muskuläre Dysbalancen zu korrigieren oder ihnen vorzubeugen:

  • Ausfallschritte (Lunges)

    Eine sehr wirkungsvolle Übung sind Ausfallschritte (Lunges). Stellen Sie sich zunächst aufrecht hin, die Füße etwa hüftbreit auseinander. Die Hände können entweder an die Hüfte gelegt oder nach vorne ausgestreckt werden, um das Gleichgewicht besser zu halten. Machen Sie nun mit einem Bein einen großen Schritt nach vorn und senken Sie das hintere Knie Richtung Boden, sodass beide Knie etwa einen 90-Grad-Winkel bilden. Wichtig ist, dass der Oberkörper aufrecht bleibt und das vordere Knie nicht über die Fußspitze hinausragt. Drücken Sie sich anschließend über die Ferse des vorderen Beins zurück in die Ausgangsposition und wechseln Sie die Seite. Diese Übung kräftigt vor allem die Gesäßmuskulatur, Oberschenkel, Abduktoren und den Rumpf.

  • Seitstütz (Side Plank)

    Mit dem Seitstütz (Side Plank) werden insbesondere die seitlichen Bauchmuskeln, aber auch Arme und Schultern trainiert. Legen Sie sich hierzu auf die Seite und stützen Sie sich auf dem Unterarm ab. Der Ellenbogen liegt direkt unter der Schulter, der Unterarm verläuft senkrecht zum Körper, und die Handfläche zeigt zum Boden. Beine, Becken und Kopf bilden eine gerade Linie, die Füße liegen übereinander. Heben Sie nun die Hüfte vom Boden ab, indem Sie sich über den Unterarm nach oben drücken. Die Position sollte für etwa 15 bis 20 Sekunden gehalten werden, bevor Sie die Seite wechseln.

  • Plank (Unterarmstütz)

    Auch der Plank (Unterarmstütz) gehört zu den Klassikern unter den Ganzkörperübungen. Der Körper wird dabei ähnlich wie bei einem Liegestütz in eine gerade Linie gebracht, allerdings stützt man sich auf den Unterarmen ab. Dabei ist es wichtig, weder in ein Hohlkreuz noch in einen Rundrücken zu fallen. Der Kopf blickt auf einen festen Punkt zwischen den Händen, um die Halswirbelsäule zu entlasten. Der gesamte Körper, besonders Rumpf und Gesäß, bleibt unter Spannung. Diese Position sollte mindestens 20 bis 30 Sekunden gehalten werden. Sie kräftigt effektiv Bauch, Rücken und Schultern.

  • Brücke (Glute Bridge)

    Zum Abschluss bietet sich die Brücke (Glute Bridge) an, die besonders gut für die hintere Beinmuskulatur, das Gesäß und den unteren Rücken geeignet ist. Legen Sie sich dazu in Rückenlage auf den Boden oder eine Matte, stellen Sie die Beine angewinkelt auf und legen Sie die Arme locker neben den Körper. Spannen Sie das Gesäß an, drücken Sie die Fersen in den Boden und heben Sie das Becken nach oben, bis Rücken, Po und Oberschenkel eine gerade Linie bilden. Halten Sie diese Position für 20 bis 30 Sekunden, bevor Sie sich langsam wieder absenken.

Gut zu wissen

    Ergebnisse werden geladen

    Jetzt bei der AOK Sachsen-Anhalt versichern

    Registrieren Sie sich schnell und unkompliziert bei unserer Online-Anmeldung.

    Mehr erfahren

    Kontakt zur AOK Sachsen-Anhalt