Gesundheitswelt der AOK Sachsen-Anhalt

Essstörungen

Eine circa 30-jährige Frau teht vorm kühlschrank und überlegt, was sie essen könnte

Im Zwiespalt mit dem Essen

Ist das Verhältnis zum Essen und zum eigenen Körper gestört, spricht man von einer Essstörung. Die Erkrankung ist nicht immer einfach zu erkennen, da viele Betroffene alles versuchen, um sie zu verbergen. Ein gestörtes Essverhalten kann schwerwiegende gesundheitliche Schäden nach sich ziehen und sollte daher unbedingt professionell behandelt werden. Welche Formen der Essstörung es gibt, wie Sie sie erkennen und welche Behandlungsmöglichkeiten existieren, haben wir im Artikel zusammengefasst.

Wussten Sie schon, dass…

  • ein Drittel der Mädchen im Jugendalter Anzeichen für eine Essstörung zeigen?
  • durch unseren Kinderarztvertrag besonderes Augenmerk auf Essstörungen bei Kindern gelegt wird?
  • wir bei medizinischer Notwendigkeit die Kosten für die Behandlung von Essstörungen übernehmen?

Was sind Essstörungen?

Ein junges Mädchen drückt mit den händen eine Speckfalte am Bauch zusammen

 

Ein gestörtes Essverhalten ist eine seelische Erkrankung, bei der Betroffene die Kontrolle über ihr Essverhalten verlieren. Sie beschäftigen sich rund um die Uhr mit dem Thema Essen, ihrem Körpergewicht und ihrer Figur. An Essstörungen erkranken sowohl Männer als auch Frauen. Aktuelle Zahlen gehen davon aus, dass in Deutschland von 1.000 Personen 30 bis 50 an einer Essstörung leiden.

Wie entsteht eine Essstörung?

Eine Essstörung entwickelt sich meist in der Pubertät oder im jungen Erwachsenenalter. Die meisten Betroffenen sind zwischen 12 und 35 Jahre alt. Alarmierend ist, dass immer mehr jüngere Kinder ein gestörtes Essverhalten entwickeln. Ein Drittel der 14- bis 17-jährigen Mädchen zeigt erste Anzeichen. Die Ursachen für die Entstehung einer Essstörung sind dabei vielfältig:

  • Individuelle Ursachen: Ein geringes Selbstwertgefühl, hoher Perfektionismus und Leistungsanspruch an sich selbst, ein hohes Kontrollbedürfnis aber auch traumatische Erlebnisse oder Essprobleme in der Kindheit sind charakteristische Auslöser.
  • Biologische Ursachen: Genetische Veranlagung und das Zusammenspiel von verschiedenen Hormonen kann Essstörungen begünstigen.
  • Familiäre Ursachen: Wenn selbst ein Elternteil an einer Essstörung oder psychischen Erkrankung leidet, kann das eine Störung im Essverhalten begünstigen. Aber auch das Fehlen eines Vorbildes oder einer Alltagsstruktur können Auslöser sein.
  • Soziokulturelle Ursachen: Schönheitsideale in Medien und Werbung führen zu einer extrem kritischen Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper und fördern die Unzufriedenheit mit der eigenen Figur. Insbesondere in sozialen Netzwerken werden Themen wie Schönheit, Aussehen, Fitness und Körpergewicht ständig thematisiert. Mit stark bearbeiteten Fotos wird ein unrealistisches Ideal vermittelt, dem gerade viele junge Menschen nacheifern. Auch der permanente Vergleich unter Gleichaltrigen spielt eine Rolle bei der Entstehung.

 

Verschiedene Arten: Bulimie, Binge-Eating, Magersucht

Es gibt verschiedene Formen von Essstörungen, die allein, gemischt oder abwechselnd auftreten können. Dazu gehören:

  • Binge-Eating-Störung

    Sie ist die am häufigsten auftretende Essstörung und ist auch als Esssucht bekannt. Die Betroffenen leiden unter immer wiederkehrenden Essanfällen. Dabei verlieren sie die Kontrolle über ihr Essverhalten und nehmen erhebliche Kalorienmengen zu sich. Mit Hunger oder Genuss hat ein Essanfall nichts zu tun. Sie hören erst auf, wenn sich ein unangenehmes Völlegefühl oder Übelkeit einstellen. Charakteristisch ist, dass Betroffene nicht versuchen, die übermäßigen Kalorien durch Sport oder Erbrechen wieder loszuwerden. Menschen mit Binge-Eating-Störung leiden sehr unter ihren Essanfällen und versuchen sie geheim zu halten. Viele Betroffene haben starkes Übergewicht oder sind adipös, was langfristig Bluthochdruck, Diabetes und Gelenkprobleme zur Folge hat. Aber auch Menschen mit Normalgewicht können betroffen sein.

  • Bulimie

    Menschen mit Bulimie haben unkontrollierte Essanfälle und essen große Portionen. Im Anschluss daran stellen sich oft Scham- und Schuldgefühle ein und die Betroffenen versuchen, die überschüssigen Kalorien wieder loszuwerden. Sie erbrechen, nehmen Abführmittel oder treiben übermäßig Sport. Da das situationsbedingt nicht immer möglich ist oder ein Teil der Nahrung bereits in den Darm gelangt, fallen Betroffene nicht durch ihr geringes Gewicht auf. Auf Dauer kann Bulimie durch das häufige Erbrechen Schäden an den Zähnen, der Speiseröhre und dem Magen hervorrufen. Auch ein Nährstoffmangel, Störungen der Nierenfunktion und des Verdauungssystems und Zyklusstörungen gehören zu den Folgen der Erkrankung.

  • Magersucht

    Magersucht, in der Fachsprache Anorexia nervosa genannt, ist die seltenste Form von Essstörungen. Betroffene nehmen extrem wenig Nahrung zu sich. Zusätzlichen treiben einige exzessiv Sport. Schneller und großer Gewichtsverlust sind die Folgen. Die Körperwahrnehmung ist dabei stark gestört. Obwohl viele Betroffenen stark untergewichtig sind, empfinden sie sich als zu dick. Magersucht hat schwerwiegende Folgen für den Organismus. Betroffene haben Mangelerscheinungen und Kreislaufbeschwerden. Neben dem ungesunden Gewichtsverlust führt die Erkrankung zu Muskelschwund, Osteoporose und Haarausfall. In schweren Fällen werden die Organe, beispielsweise das Herz geschädigt, was sogar bis zum Tod führen kann.

  • Mischformen

    Von einer Mischform spricht man, wenn eine Person zwar charakteristische Symptome einer Essstörung aufweist, aber die Kriterien für die Magersucht, Bulimie oder Binge-Eating-Störung nicht vollständig erfüllt sind und keine eindeutige Zuordnung zu einer Erkrankung möglich ist.

Essstörungen erkennen

Nicht jeder, der ab und zu mal beim Essen über die Stränge schlägt oder durch eine Diät viel Gewicht verloren hat, leidet unter einer Essstörung. Ist man von einer Essstörung betroffen, kreisen die Gedanken ständig nur um die Themen Essen und Gewicht. Dazu gibt es mögliche Anzeichen, die einen Verdacht bestätigen:

  • unkontrollierte Essanfälle
  • Ausreden, um nicht essen zu müssen
  • heimliches Essen
  • Erbrechen herbeiführen
  • den eigenen Körper nicht akzeptieren
  • große Angst für Gewichtszunahme
  • ständige Gewichtskontrolle

Meist entwickelt sich eine Essstörung nach und nach. Beobachten Sie Anzeichen bei sich oder Anderen, ist es ratsam sich Hilfe zu holen oder fachärztliches Personal aufzusuchen.

Begleiterkrankungen

männlicher Teenager mit depressiver Störung


Zusätzlich zur Essstörung leiden viele Betroffene an weiteren Erkrankungen. Am häufigsten sind eine Angststörung oder Depressionen. 

Ob diese Erkrankungen eine Folge der Essstörung sind oder deren Ursache, ist wissenschaftlich noch nicht geklärt. Für die Behandlung der Essstörung ist die Diagnose einer möglichen Begleiterkrankung wichtig, da sie sich wechselseitig beeinflussen und im Rahmen der Therapie beide Erkrankungen behandelt werden sollten.

Diagnose und Behandlung

Sich selbst eine Essstörung einzugestehen und sich daraufhin ärztliche Hilfe zu holen, fällt den meisten Betroffenen sehr schwer. Ist der Schritt getan, stellt psychotherapeutisches Fachpersonal nach einem persönlichen Gespräch und standardisierten Fragebögen eine gesicherte Diagnose. Bestätigt sich eine Essstörung, erfolgt eine gezielte Behandlung und Therapie

Wichtigste Maßnahme zur Behandlung einer Essstörung ist die Psychotherapie. Sie kann ambulant oder stationär erfolgen. Sich auf die Therapie einzulassen, ist für viele Erkrankte nicht einfach, da sie ihre Angst vor Ablehnung, ihre Unsicherheit und ständige Kontrollsucht überwinden müssen. 

Meist in  Einzelgesprächen erarbeiten Betroffene gemeinsam mit dem Therapeuten oder der Therapeutin alternative Bewältigungsstrategien für belastende emotionale Situationen. Vertrauen in sich selbst und die Stärkung des eigenen Selbstbewusstseins rücken in den Vordergrund. Zusätzlich werden Gruppentherapien genutzt, um sich mit anderen Betroffenen auszutauschen und gegenseitig zu motivieren. Darauf aufbauend hilft die Therapie Betroffenen, wieder ein normales Essverhalten zu entwickeln. Dabei vermitteln speziell geschulte Ernährungstherapeuten Wissen rund um gesunde Ernährung, Zusammenstellung von Mahlzeiten und Portionsgrößen. 

Ist eine Therapie erfolgreich beendet, ist es wichtig langfristig den Erfolg zu stabilisieren. Selbsthilfegruppen können dabei helfen, denn viele fallen unter erneuter Belastung wieder in ihr altes Essverhalten zurück.

Unterstützung durch Angehörige

Gerade bei jungen Patienten ist es wichtig, Angehörige in die Therapie mit einzubinden. Nur so können sie den Heilungsprozess unterstützen und begleiten. Wir haben Ihnen Tipps zusammen getragen, wie Sie Freunde oder Familienmitglieder unterstützen können, wenn sie betroffen sind: 

  • Seien Sie für den Betroffenen da, wenn Sie gebraucht werden.
  • Motivieren Sie Betroffene dazu, sich Hilfe zu holen und unterstützen Sie bei der Suche nach Informationen.
  • Halten Sie Kontakt zu der betroffenen Person und sprechen Sie offen über das Thema, auch wenn dies oft vermieden wird.
  • Verleugnen Sie selbst nicht die Erkrankung, wenn Ihre Familienangehörigen beispielsweise Ihre Kinder betroffen sind. Es gibt viele, denen es auch so geht wie Ihnen.
  • Versuchen Sie auf Kontrolle und Druck zu verzichten, wenn Ihr Kind an einer Essstörung leidet.
  • Vermeiden Sie Vorwürfe, Drohungen oder Schuldzuweisungen.
  • Nehmen Sie auch kleine Erfolge wahr und würdigen Sie sie.

Beratungsangebote

ca 16-jähriges Mädchen nimmt Beratungsangebot zum Thema Essstörung in anspruch

Eine Essstörung müssen Sie als Betroffener und als Angehöriger nicht allein durchstehen und bewältigen. Holen Sie sich professionelle Hilfe! 

Hier finden Sie Adressen von spezialisierten Beratungsstellen für Essstörungen in Deutschland. Die Datenbank wurde in Zusammenarbeit mit dem Bundesfachverband Essstörungen e.V. erstellt und wird ständig aktualisiert.

Gut zu wissen

    Ergebnisse werden geladen

    Jetzt bei der AOK Sachsen-Anhalt versichern

    Registrieren Sie sich schnell und unkompliziert bei unserer Online-Anmeldung.

    Mitglied werden

    Kontakt zur AOK Sachsen-Anhalt