Gesundheitswelt der AOK Sachsen-Anhalt

Tokophobie

Eine etwa 25-jährige Frau liegt im Bett und schaut konzentriert auf einen Schwangerschafts-Test.

Schwangerschaftsangst verstehen

Eine Schwangerschaft kann Ängste und Sorgen bei der werdenden Mutter hervorrufen, das ist ganz normal. Gerade bei Frauen, die zum ersten Mal schwanger sind, kann der Gedanke an die Geburt oder das Muttersein Ängstlichkeit auslösen. Doch was ist, wenn sich diese Ängste ins Extreme entwickeln? Dann spricht man von einer Tokophobie, einer Schwangerschaftsphobie. Wie eine Tokophobie entsteht und wie sie behandelt werden kann, erfahren Sie in diesem Artikel.

Wussten Sie schon, dass…

  • die Angst vor Schwangerschaft verschiedene Formen annehmen kann?
  • Tokophobie noch weitestgehend unerforscht ist?
  • Schwangerschaftsangst mit Gefahren für Mutter und Kind einhergehen kann?

Ursachen und Symptome einer Tokophobie

Der Begriff Tokophobie kommt aus dem Griechischen und ist eine Kombination aus dem Wort für Schwangerschaft – toko – und phobos, was Angst bedeutet. Diese Angststörung tritt in verschieden starken Formen auf und kann sich, wenn unbehandelt, in schweren Fällen zu einer Gefahr für Mutter und Kind entwickeln. Deshalb sollten Betroffene bei Verdacht auf eine Tokophobie immer professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Bei der Diagnose wird zwischen zwei Formen der Angststörung unterschieden, die verschiedene Ursachen haben können.

Zunächst ist aber zu sagen: Tokophobie ist sehr komplex und viel mehr, als die verbreitete Übersetzung „Angst vor Schwangerschaft“ vermuten lässt. Sie schließt Angst vor der Geburt, Angst vor dem Muttersein und viele weitere Aspekte mit ein und äußert sich bei jeder betroffenen Person ganz unterschiedlich und individuell. Die zwei übergeordneten Formen der Tokophobie sind:

Primäre Tokophobie

Die primäre Tokophobie ist eine lebenslange Angststörung, die nicht von einem traumatischen Erlebnis ausgelöst wird. Stattdessen haben Betroffene Angst vor den körperlichen Veränderungen, die eine Schwangerschaft mit sich bringt oder Angst vor möglichem Fehlverhalten des medizinischen Fachpersonals während Schwangerschaft und Geburt. Außerdem können Befürchtungen aufkommen, kein gesundes Kind zu gebären oder allgemeine Zweifel, die Mutterrolle nicht erfüllen zu können.

Sekundäre Tokophobie

Die zweite Form der Schwangerschaftsphobie entsteht in der Regel durch ein traumatisches Erlebnis. Das kann zum Beispiel eine komplizierte Schwangerschaft oder eine schwere Geburt sein. Aber auch in der Kindheit können traumatisierende Bilder einer Geburt oder Missbrauchserfahrungen zur Entwicklung einer Tokophobie führen.

Eine etwa 25-jährige Frau hält mit ihren Händen Bauch und Unterleib währen sie auf dem Sofa liegt.

Zusätzlich können bereits bestehende Angst- oder Zwangsstörungen oder eine Schwangerschaftsdepression eine Tokophobie zur Folge haben. Denn gerade Menschen, die bereits an einer psychischen Erkrankung leiden, kann eine Schwangerschaft mit ihren vielen Veränderungen aus der Bahn werfen.

Weitere Ängste, die mit einer Tokophobie einhergehen und sie bedingen können, sind etwa:

  • Angst, dass das Kind nicht gesund geboren wird
  • Angst vor den Geburtsschmerzen und Wehenschmerzen
  • Angst vor Komplikationen während des Geburtsvorgangs
  • Angst, die Kontrolle über den eigenen Körper zu verlieren
  • Angst davor, ein Lebewesen in sich zu tragen, was sich zu einem Gefühl entwickeln kann, „fremdbewohnt“ zu sein.

Die Ursachen einer Tokophobie

Eine Schwangerschaftsphobie wird also entweder durch ein Trauma oder andere Ängste ausgelöst und kann Frauen jeden Alters ganz individuell betreffen. Und so individuell können auch die psychischen und physischen Ursachen für die Erkrankung sein. Mögliche Ursachen sind zum Beispiel:

  • Schlechte Erfahrung bei einer vorherigen Geburt
  • Trauma nach einer Fehl- oder Totgeburt
  • Erfahrungen von sexuellem Missbrauch oder sexueller Gewalt

Zusätzlich wird beobachtet, dass Töchter von Müttern mit Tokophobie oft selbst daran leiden. Ein gewisser genetischer Aspekt kann also nicht ausgeschlossen werden.

Die Folgen und Gefahren einer Tokophobie

Je nach der Intensität der Beschwerden kann sich eine Tokophobie in verschiedenen Verhaltensweisen äußern, die in extremen Fällen bei einer Schwangerschaft sogar eine Gefahr für die Mutter und das ungeborene Kind darstellen können. Diese Verhaltensweisen zeigen sich in den unterschiedlichen Stadien einer – möglichen – Schwangerschaft:

  • Vor der Schwangerschaft

    Trotz eines eventuell bestehenden Kinderwunsches kann die Angst vor der Schwangerschaft dazu führen, dass Betroffene darauf verzichten, schwanger zu werden oder ihre Sexualität nicht mehr ausleben. Das Thema Verhütung entwickelt sich bei dieser Erkrankung meist zu einem großen Stressfaktor. So entscheiden sich manche Frauen für eine Sterilisation. Das kann aber gerade bei jüngeren Frauen ein erneuter Stressfaktor sein, da es oft schwer für Betroffene ist, diese Operation zu bekommen.

  • Während der Schwangerschaft

    Wird eine Schwangerschaft festgestellt, ist für manche Betroffene eine Abtreibung der einzige Weg, um sich von ihren Ängsten zu befreien und ihre eigene psychische Gesundheit zu bewahren. In der Regel ist das in Deutschland auch ohne Probleme möglich. Allerdings kann es in extremen Fällen sogar dazu kommen, dass Frauen zu Methoden greifen, das Kind selbst abzutreiben und so ihre eigene Gesundheit gefährden.

  • Bei der Geburt

    Wird eine Schwangerschaft bis zum Ende ausgetragen, kann eine Tokophobie auch während der Geburt zu Komplikationen führen, denn die Angst kann Verkrampfungen bei der werdenden Mutter auslösen, was die Gesundheit des Babys während einer natürlichen Geburt gefährden kann.

Die Diagnose einer Tokophobie

Ein etwa 35-jähriger Mann hält den Rücken seiner Partnerin. Sie hält sich schmerzverzerrt den Nacken.

Wie viele andere Angststörungen äußert sich auch eine Tokophobie in verschiedenen körperlichen Symptomen, die in Situationen, in denen Betroffene mit dem Thema Schwangerschaft konfrontiert werden, auftreten können. Diese sind etwa:

  • Schweißausbrüche
  • hoher Blutdruck
  • psychosomatische Kopfschmerzen
  • Verspannungen
  • Atemprobleme
  • Panikattacken

Als psychische Erkrankung ist die Tokophobie in der Medizin noch weitestgehend unerforscht. Doch vor allem in der Psychologie gewinnt die Angststörung immer mehr Aufmerksamkeit. Einer der Gründe, warum die Krankheit bisher so wenig erforscht war, ist vor allem die gesellschaftliche Erwartungshaltung gegenüber der Schwangerschaft und dem Muttersein. Als Folge sprechen Frauen, die an Tokophobie leiden, ungern über ihre Empfindungen und Gefühle zu diesen Themen, um negative Reaktionen zu vermeiden.

Wenn der Gedanke an eine Schwangerschaft oder eine bestehende Schwangerschaft bei Ihnen Angstsymptome und -gedanken auslöst, sollten Sie zunächst Ihre hausärztliche und gynäkologische Praxis kontaktieren. Von dort werden Sie dann an eine psychologische Praxis überwiesen. Vor allem sollten Sie sich aber zu Herzen nehmen, dass diese Ängste kein Tabuthema sind. Besser ist es, über sie zu reden. Sowohl mit medizinischem Personal als auch mit dem Partner, der Partnerin oder anderen Menschen im persönlichen Umfeld.

Tokophobie behandeln

Im Falle einer ausgeprägten Form von Tokophobie ist eine passende Psychotherapie der richtige Behandlungsweg für Betroffene. Und wenn es als notwendig und – bei einer bereits bestehenden Schwangerschaft als unbedenklich – angesehen wird, werden mitunter zusätzlich Medikamente verschrieben. Sind die Ängste allerdings nur zu einem gewissen Grad ausgeprägt, können schon offene und klärende Gespräche mit Vertrauenspersonen und der Hebamme oder dem Geburtshelfer entlastend sein.

Ein Mann umarmt den Bauch seiner schwangeren Freundin von hinten.

Zusätzlich kann der Geburtsvorbereitungskurs dabei helfen, Ängste und Sorgen von Schwangeren mit leichter Tokophobie zu mindern. Entspannungsübungen sind außerdem eine gute Methode, den Stress der schwangeren Person zu reduzieren und so Angstattacken vorzubeugen. In einer Selbsthilfegruppe oder Foren im Internet kann der Austausch mit anderen Betroffenen dabei helfen, mit den Gefühlen und Ängsten umzugehen und sie zu akzeptieren.

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