Pressemitteilung
25. September 2024 // Magdeburg
Defizit bei den Krankenkassen:
Verwaltungsrat der AOK Sachsen-Anhalt fordert Entlastung durch Steuermittel oder Anpassung des allgemeinen Beitragssatzes
Der Verwaltungsrat der AOK Sachsen-Anhalt diskutierte gestern auf seiner Sitzung die kritische Finanzlage der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Die Bundesregierung müsse angesichts des wachsenden Rekorddefizits endlich reagieren und gesamtgesellschaftliche Aufgaben wie die Krankenhausstrukturreform aus Steuermitteln finanzieren. Passiere das nicht, müsse sie zumindest den allgemeinen Beitragssatz anpassen, statt die Verwaltungsräte zu zwingen, die individuellen Zusatzbeiträge zu erhöhen.
„Das Defizit der GKV hat bereits zur Jahreshälfte die Zwei-Milliarden-Euro-Marke überschritten“, erklärte Uwe Schomburg, Vorsitzender des Verwaltungsrates der AOK Sachsen-Anhalt und Vertreter der Arbeitgeberseite.
Schon 2023 hat die GKV mit einem deutlichen Defizit von 1,9 Mrd. Euro abgeschlossen. Der durchschnittliche Zusatzbeitrag von 1,7 Prozent ist schon jetzt nicht kostendeckend, weshalb für 2025 ein Anstieg auf bis zu 2,5 Prozent prognostiziert wird.
„Wenn der Bund nicht bereit ist, das wachsende strukturelle Defizit mit höheren Steuerzuschüssen auszugleichen, sollte er sich der Kostenverantwortung aus den selbst verursachten politischen Defiziten stellen und zumindest den allgemeinen Beitragssatz anpassen, um seine Verantwortung zu dokumentieren und diese nicht den Krankenkassen in die Schuhe zu schieben“, fordert Schomburg.
Grund für die kritische Finanzlage sind neben der teuren Gesetzgebung der letzten Jahre vor allem auch, dass die Krankenkassen zunehmend mit gesamtgesellschaftlichen Aufgaben belastet werden, für die eigentlich der Staat verantwortlich sei. Dazu Susanne Wiedemeyer, alternierende Vorsitzende des Verwaltungsrates und Vertreterin der Versichertenseite: „Die Kosten von 50 Milliarden Euro für den geplanten Transformationsfonds für die Krankenhäuser sollen beispielsweise die GKV-Versicherten zur Hälfte tragen. Hier sollten neben dem Staat auch alle Privatversicherten beteiligt werden.“
Die Folgen der aktuellen politischen Entscheidungen wären gravierend. „Erhebliche zusätzliche Sozialabgaben werden die Lohnnebenkosten weiter steigern und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen schwächen. Für die Versicherten bedeuten höhere Beitragssätze eine zusätzliche Belastung ihrer Haushalte“, warnt Wiedemeyer.
Der Gesetzgeber solle deshalb endlich die Beitragszahler entlasten – entweder durch Steuermittel oder andere Lösungsvorschläge, die bereits seit Jahren auf dem Tisch liegen. „Langfristig stabilisierend wirken würden zum Beispiel die Absenkung der Mehrwertsteuer von Arzneimitteln auf das Niveau von Lebensmitteln oder die auskömmliche Finanzierung der Krankenversicherung von Bürgergeldempfangenden“, so Schomburg.
Sich der Kostenverantwortung stellen
Die Beiträge zur Krankenversicherung berechnen sich aus zwei Bestandteilen: Zum einen den allgemeinen Beitragssatz, der für alle Krankenkassen gilt. Zum anderen einen individuellen Zusatzbeitrag, über den jede Krankenkasse je nach individueller Finanzlage selbst bestimmen kann. Beide Beitragssätze werden je zur Hälfte von den Arbeitgebern und Versicherten getragen. „Der allgemeine Beitragssatz wird vom Gesetzgeber festgelegt. Er liegt seit 2015 unverändert bei 14,6 Prozent. Und das, obwohl die GKV auf ein Rekord-Minus zusteuert“, sagt Wiedemeyer.
In der Folge mussten bundesweit über 20 Krankenkassen bereits unterjährig ihre Zusatzbeiträge anheben. Zum Jahreswechsel werden viele andere Kassen nachziehen müssen. „Die Krankenkassen werden über den individuellen Zusatzbeitrag für finanzielle Lücken haftbar gemacht, die sie nicht verursacht haben“, sagt Wiedemeyer. Eine Anpassung des allgemeinen Beitragssatzes bringe zwar direkt keine finanzielle Erleichterung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die Bundesregierung würde sich so aber ihrer Kostenverantwortung stellen.